Eingriffe bei Schafen
Schafe werden an die für die Landwirtschaft günstigen Bedingungen angepasst - mit schlimmen Folgen für ihr Wohl.
Schafe werden mehreren schmerzhaften Eingriffen unterzogen. Diese werden meist ohne Betäubung und Schmerzlinderung durchgeführt. Und wozu? Für mehr Wirtschaftlichkeit und damit billigere tierische Produkte.












*Globalisierung bedeutet weltweiten Handel – und damit auch Handel mit Tierleid! Nicht alle grausamen Praktiken werden in jedem Land durchgeführt, da die Rechtslage unterschiedlich ist: Während in einigen Ländern bestimmte Praktiken illegal sind, sind sie in anderen gar nicht geregelt. Dennoch können durch freien Handel im Rahmen der Globalisierung Produkte importiert werden, die aus Haltungssystemen mit viel Tierleid stammen. Ausserhalb Deutschlands müssen die Tiere auch diese Praktiken erleiden.
Lämmerverstümmelung*
- Zweck: Verhinderung von Myiasis (Fliegenstichbefall). Unter Fliegenstichbefall versteht man den Befall des Körpers eines lebenden Schafes durch Fliegen, die ihre Eier in den Hautfalten des Hinterteils des Schafes ablegen, aus denen sich später Larven entwickeln und Infektionen verursachen. Die Fliegen werden von diesem Teil des Schafes besonders angezogen, weil er mit Feuchtigkeit und Kot getränkt ist. Die in Australien gezüchteten, besonders faltigen Merinoschafe sind besonders anfällig für Fliegenstiche, weil ihre Falten die Feuchtigkeit länger festhalten als bei Schafen mit glattem Körper. Das Verstümmeln von lebenden Lämmern schützt die Schafe nicht ausreichend vor Fliegenbefall, da die Fliegen auch andere Körperteile der Schafe befallen können.2,3
- Verfahren: Mit Hilfe einer Schere und meist ohne angemessene Betäubung oder Schmerzlinderung halten die Landwirt:innen die wenige Wochen alten Lämmer fest und schneiden die Haut um das Gesäss herum ab, was den Tieren grosse Schmerzen bereitet.1
- Informationen: Millionen von Lämmern müssen in Australien jedes Jahr diese grausame Tortur über sich ergehen lassen. Die Folgen der Verstümmelung erhöhen die Sterblichkeit der Lämmer. Es gibt viele Alternativen zu diesem Eingriff (intradermale Substanzen, Scheren des Steissbereichs, Insektizide), aber wir glauben, dass die beste Option darin besteht, Schafe zu züchten, die gegen Fliegenbefall resistent sind, und die Hygiene durch bessere Managementstrategien zu verbessern. Daher sollte das Verstümmeln von lebenden Lämmern verboten und nicht durchgeführt werden. Lesen Sie mehr über unsere Kampagne gegen Lämmerverstümmelung (sog. Mulesing) und fordern Sie ‚Wolle mit Hintern‘.
- VIER PFOTEN fordert: Ein Verbot der Lämmerverstümmelung (Mulesing). Wir fordern Marken und Industrievertreter:innen auf, diese grausame Praxis zu beenden - es gibt viele tierfreundlichere und dazu auch noch effektivere Alternativen. Erfahren Sie hier mehr über unsere Arbeit zur Abschaffung der Lämmerverstümmelung (Mulesing).
Schwanzkupieren
- Zweck: Aufrechterhaltung der Hygiene und Vorbeugung gegen Myiasis (Fliegenstichbefall).
- Verfahren: Der Schwanz oder ein Teil des Schwanzes wird mit einem Gummiring (der die Blutzirkulation unterbricht, wodurch der Schwanz nach 4-6 Wochen abfällt), einem heissen Kupiereisen oder einem Messer entfernt. Obwohl viele Studien gezeigt haben, dass alle Methoden des Schwanzkupierens erhebliche Schmerzen verursachen, werden die betroffenen Lämmer im Allgemeinen weder während des Eingriffs noch danach mit einer angemessenen Schmerzlinderung oder Betäubung versorgt.4 Darüber hinaus kann das Schwanzkupieren langfristige Folgen wie chronische Schmerzen und primäre Hyperalgesie haben.5 Es kann auch verschiedene schwerwiegende Risiken wie rektale und vaginale Vorfälle6,7, Krebs in der Dammregion aufgrund der Sonneneinstrahlung8 und bakterielle Arthritis begünstigen.9
- Informationen: Es ist wichtig, Fliegenstichbefall (Myasis) vorzubeugen, da dieser sich sehr negativ auf die Gesundheit und das Wohlergehen der Schafe auswirken kann. Dafür gibt es jedoch andere und weniger invasive Präventionsmethoden als das Kupieren der Schwänze: die Zucht von Schafen mit kürzeren Schwänzen sowie ein besseres Management. Bessere Managementstrategien könnten Durchfall und Verschmutzung verhindern, und das Scheren der Steissregion würde die Gefahr auf Myasis verringern.10 Ausserdem gibt es viele Studien, die widerlegen, dass das Schwanzkupieren effektiv gegen Myasis wirkt, da die Fliegenabwehr durch den fehlenden Schwanz behindert wird, wodurch es bei kupierten Schafen sogar zu einem stärkeren Befall kommen kann.11 Daher sollte das Kupieren des Schwanzes nur in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Anästhesie und multimodaler Schmerzbehandlung durch eine/n Tierarzt/ärztin erfolgen. Anstelle des Schwanzkupierens sollte die Aufrechterhaltung der Hygiene und die Prävention von Krankheiten durch Selektion der Schwanzlänge in der Zucht sowie verbesserte Managementmassnahmen sichergestellt werden.
- VIER PFOTEN fordert: Ein generelles Verbot des Schwanzkupierens in allen Ländern. Hygiene muss durch entsprechende Fütterung (zur Vermeidung von Durchfall) und Pflege (Scheren von Schwanz und Hinterteilen) gewährleistet sein. Angemessene Haltungsmethoden machen Amputation von Körperteilen überflüssig.
Ohrmarken, Tätowierungen, Ohrkerben*
Zweck: Identifizierung
Verfahren: Die Methoden zur Kennzeichnung mit Ohrmarken, Tätowierungen, Ohrkerben* sind schmerzhaft12 und werden meist ohne Betäubung und Schmerzmittel durchgeführt.
- Ohrmarken: Die Ohren werden durchstochen, um Ohrmarken anzubringen.
- Einkerben der Ohren: Mit einer Zange wird ein kleines Stück der Ohren des Schafes entfernt.
- Tätowierung: Mit einer scharfen Nadel wird die Haut des Schafes durchstochen, um Tinte unter die Haut zu bringen.
VIER PFOTEN fordert: Ein Verbot von schmerzhaften und verstümmelnden Kennzeichnungsmethoden.
Betäubungslose Kastration männlicher Lämmer
- Zweck: Einschränkung der Fruchtbarkeit männlicher Tiere (um ungewollte Vermehrung zu vermeiden) und um sie weniger aggressiv zu machen, wodurch sie leichter zu halten sind.
- Verfahren: Die Kastration kann auf verschiedene Weise durchgeführt werden:
- Die gängigste Methode bei Schafen ist die Verwendung eines Gummirings, der die Blutzufuhr unterbricht und innerhalb von 4 bis 6 Wochen zu einer Verkümmerung führt. Diese Methode geht mit möglichen chronischen Entzündungen, Sepsis und stärkeren Schmerzen einher.
- Weniger verbreitet sind die chirurgische Kastration (Messer/Skalpell) und die Kastration mit Klemmkastraten (Burdizzo), bei der die Samenstränge stark gequetscht werden, was zu Schwellungen und Entzündungen sowie zu starken Schmerzen führt13.
- Alle diese Methoden sind sehr schmerzhaft und werden dennoch meist ohne Betäubung und (ausreichende) Schmerzmittel durchgeführt.
- Informationen: Heute gibt es folgende Möglichkeiten, die das Leiden der Lämmer bei der Kastration unnötig machen und aus Sicht des Tierschutzes akzeptabel sind: die Impfung (Immunokastration, das ist eine Impfung, die die Ausschüttung männlicher Hormone verhindert) oder die chirurgische (Skalpell-)Kastration durch eine/n Tierarzt/ärztin mit Betäubung und multimodaler Schmerzlinderung.
- VIER PFOTEN fordert: Die Kastration von (männlichen) Schafen muss von einem/r Tierarzt/ärztin unter Betäubung und mit multimodaler Schmerzbehandlung durchgeführt werden. Kein Gummiring! Alternativen zur Kastration wie Impfung (Immunokastration) sollten bevorzugt eingesetzt werden.
Laparoskopische Besamung
- Zweck: Um den Zuchterfolg zu verbessern, werden Mutterschafe künstlich besamt.
- Verfahren: Die Schafe werden in einer speziellen Wiege fixiert. Es werden zwei Einschnitte direkt am Bauch des Schafes vorgenommen, der Bauch wird mit Luft aufgeblasen und mit dem Laparoskop inspiziert und dann über einen anderen Kanal besamt. Während und nach dem Eingriff steht dem Tier keine Schmerzlinderung zur Verfügung. Während des Eingriffs gibt es nur eine leichte Sedierung, die nicht obligatorisch ist, sondern nur der leichteren Handhabung des Tieres dient (und keine Schmerzlinderung bewirkt).
- Informationen: Es gibt Hinweise darauf, dass die intrauterine künstliche Befruchtung mit Laparotomie zu einer recht hohen Sterblichkeitsrate bei den Embryonen führt14 und dass sie aufgrund des häufig unerfahrenen Personals, das den Eingriff durchführt, auch mit verschiedenen Komplikationen verbunden sein kann.15
- VIER PFOTEN fordert: Ein Verbot der laparoskopischen künstlichen Befruchtung.
Forderungen von VIER PFOTEN zu nicht-kurativen Eingriffen bei Schafen:
- Ein Verbot von Lämmerverstümmelung (Mulesing). Wir fordern Marken und Branchenvertreter:innen auf, diese Praxis abzuschaffen - es gibt viele effektivere Alternativen zu dieser grausamen Praxis. Erfahren Sie hier mehr über unsere Arbeit zur Abschaffung der Lämmerverstümmelung (Mulesing).
- Ein generelles Verbot des Schwanzkupierens in allen Ländern. Die Hygiene muss durch geeignete Fütterung (zur Verhinderung von Durchfall) und Pflege (Scheren des Schwanzes und der Hinterteile) gewährleistet sein. Angemessene Haltungsmethoden machen die Amputation von Körperteilen überflüssig.
- Verbot von schmerzhaften und verstümmelnden Kennzeichnungsmethoden.
- Die Kastration von (männlichen) Schafen muss von einem/r Tierarzt/ärztin durchgeführt werden, mit Betäubung und multimodaler Schmerzlinderung. Kein Gummiring! Alternativen zur Kastration wie Impfungen (Immunokastration) sollten bevorzugt werden.
- Ein Verbot der laparoskopischen künstlichen Besamung.
Quellenverweis
2. Hemsworth PH, Barnett JL, Karlen GM, Fisher AD, Butler KL, Arnold NA. Effects of mulesing and alternative procedures to mulesing on the behaviour and physiology of lambs. Applied Animal Behaviour Science. 2009;117(1):20–27. doi:10.1016/j.applanim.2008.12.007
3. Colvin AF, Reeve I, Kahn LP, Thompson LJ, Horton BJ, Walkden-Brown SW. Australian surveys on incidence and control of blowfly strike in sheep between 2003 and 2019 reveal increased use of breeding for resistance, treatment with preventative chemicals and pain relief around mulesing. Veterinary Parasitology: Regional Studies and Reports. 2022;31:100725. doi:10.1016/j.vprsr.2022.100725
4. Gascoigne E, Mouland C, Lovatt F. Considering the 3Rs for castration and tail docking in sheep. In Practice. 2021;43(3):152–162. doi:10.1002/inpr.29
5. Larrondo C, Bustamante H, Paredes E, Gallo C. Long-term hyperalgesia and traumatic neuroma formation in tail-docked lambs. Animal Welfare. 2019;28(4):443–454. doi:10.7120/09627286.28.4.443
6. Thomas DL, Waldron DF, Lowe GD, Morrical DG, Meyer HH, High RA, Berger YM, Clevenger DD, Fogle GE, Gottfredson RG, et al. Length of docked tail and the incidence of rectal prolapse in lambs. Journal of Animal Science. 2003;81(11):2725–2732. doi:10.2527/2003.81112725x
7. Fisher MW, Gregory NG, Kent JE, Scobie DR, Mellor DJ, Pollard JC. Justifying the appropriate length for docking lambs’ tails - a review of the literature. Proceedings of the New Zealand Society of Animal Production. 2004;64.
8. Swan RA, Chapman HM, Hawkins CD, Howell JMcC, Spalding VT. The epidemiology of squamous cell carcinoma of the perineal region of sheep: Abattoir and flock studies. Australian Veterinary Journal. 1984;61(5):146–151. doi:10.1111/j.1751-0813.1984.tb07218.x
9. Lloyd J, Kessell A, Barchia I, Schröder J, Rutley D. Docked tail length is a risk factor for bacterial arthritis in lambs. Small Ruminant Research. 2016;144:17–22. doi:10.1016/j.smallrumres.2016.07.018
10. James PJ. Genetic alternatives to mulesing and tail docking in sheep: a review. Australian Journal of Experimental Agriculture. 2006;46(1):1–18.
11. Graham MJ, Kent JE, Molony V. Effects of four analgesic treatments on the behaviouraland cortisol responses of 3-week-old lambs to tail docking. The Veterinary Journal. 1997;153(1):87–97. doi:10.1016/S1090-0233(97)80013-5
12. Steagall PV, Bustamante H, Johnson CB, Turner PV. Pain management in farm animals: focus on cattle, sheep and pigs. Animals : an Open Access Journal from MDPI. 2021;11(6):1483. doi:10.3390/ani11061483
13. Masłowska K, Mizzoni F, Dwyer CM, Wemelsfelder F. Qualitative behavioural assessment of pain in castrated lambs. Applied Animal Behaviour Science. 2020;233:105143. doi:10/ghvkbq
14. Evans G. Current Topics in Artificial Insemination of Sheep. Australian Journal of Biological Sciences. 1988;41(1):103–116. doi:10.1071/bi9880103
15. Sathe SR. Laparoscopic Artificial Insemination Technique in Small Ruminants—A Procedure Review. Frontiers in Veterinary Science. 2018 [accessed 2023 Jan 10];5. https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fvets.2018.00266