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Die ständerätliche Kommission behauptet, es gäbe keine vergleichbaren Alternativen für Stopfleber

Die ständerätliche Kommission behauptet, es gäbe keine vergleichbaren Alternativen für Stopfleber

Sternekoch Tobias Buholzer widerspricht im Interview mit VIER PFOTEN

2.6.2023

Zürich, 02. Juni 2023 – Am 6. Juni wird der Ständerat über ein Importverbot für tierquälerisch erzeugte Stopfleber entscheiden. Kaum jemand bestreitet die Tierquälerei, die hinter der Produktion von Stopfleber steckt. Und doch: die zuständige Kommission des Ständerats will davon nichts wissen. Sie spricht sich gegen ein Importverbot aus, und begründet dies unter anderem mit dem Fehlen von geschmacklich gleichwertigen Alternativen. Doch diese gibt es, wie der prominente Sternekoch Tobias Buholzer beweist: Er hat der globalen Tierschutzorganisation VIER PFOTEN in seinem Restaurant «Die Rose» in Rüschlikon ein Interview gegeben, und dabei seine eigene, erfolgreiche und tierfreundliche Kreation «Noix gras» präsentiert.

Im Gespräch erzählt Tobias Buholzer über die Entstehung von «Noix gras», wie die Reaktionen auf seine Kreation waren und wie er die Zukunft von sogenannten Gourmet-Luxusprodukten wie Foie gras sieht.

Herr Buholzer, wir befinden uns gerade in Ihrem mehrfach ausgezeichneten Gourmet-Restaurant «Die Rose». Sie gehören zu den innovativsten und bekanntesten Sterneköchen in der Schweiz.

Früher haben Sie selbst Foie gras serviert, nun haben Sie die vegetarische Stopfleber-Alternative «Noix gras» kreiert. Wie kam es dazu?
«Als Kind habe ich mich vegetarisch ernährt. Ich habe aus Überzeugung nie Fleisch gegessen, weil ich Tiere so gerne mag. Erst in der Kochlehre habe ich dann angefangen, Fleisch zu essen, weil das damals dazugehört hat. Ich habe mich aber immer mehr mit den Produkten beschäftigt: woher sie stammen und wie sie hergestellt werden. Foie gras empfand ich diesbezüglich als problematisch. Wir hatten sie zwar am Anfang noch angeboten, aber ich war bald der Meinung, dass das nicht geht und es schön wäre, eine Alternative zu haben.»

Wie lange hat es gedauert, bis sie eine Alternative entwickelt haben?
«Ich habe zwei Jahre lang mit verschiedenen Gemüsen, Pilzen und Nüssen herumgetüftelt, aber die Versuche sind immer wieder fehlgeschlagen. Doch dann bin ich auf die Rezeptur gekommen, die wir auch jetzt verwenden. Ich hatte von Anfang an ein sehr gutes Gefühl. Also habe ich sie unseren Gästen serviert. Sie waren total begeistert und haben gar nicht gemerkt, dass es sich um ein vegetarisches Produkt handelt. Danach stand für mich fest, dass es bei uns nur noch «Noix gras» geben wird.»

Welches Ziel verfolgen Sie damit?
«Das grundsätzliche Ziel war und ist es, eine Alternative für Foie gras zu schaffen. Eine, die gut schmeckt, eine gute Konsistenz hat und die man guten Gewissens essen kann.»

Wie reagieren Ihre Gäste auf die «Noix gras»?
«Sehr positiv. Es gab nur einmal Reklamationen von Gästen, die fanden, dass «Noix gras» zu sehr nach Foie gras schmecke und sie es deswegen nicht essen können, weil sie mit Foie gras nichts anfangen können. Mit dieser Kritik konnte ich gut leben (lacht).»

Wie zufrieden sind Sie mit der bisherigen Nachfrage?
«Die Nachfrage ist sehr gut. Ursprünglich war das Projekt nur für das Restaurant geplant. Dann kam eine erste Anfrage von Hiltl, für die wir unsere Terrinen in Gläser gefüllt haben, was am Anfang sehr abenteuerlich war, weil wir keine Erfahrungen damit hatten (lacht). Anschliessend kam Globus auf uns zu. Wir haben zunächst ausschliesslich den Detailhandel beliefert. Seit zwei Jahren sind jedoch grössere Gastronomieverteiler dazugekommen, sodass der Absatz kontinuierlich von Jahr zu Jahr steigt.»

Das ist sicher eine Herausforderung für die Produktion. Wie gehen Sie damit um?
«Ein grosser Vorteil ist die lange Haltbarkeit der Produkte. Dadurch kann man gut planen und Vorräte produzieren. Müssten wir jede Woche ein frisches Produkt herstellen, wäre es schwieriger.»

Haben Sie bereits Blindtest mit der «Noix gras» durchgeführt? Falls ja, wie waren die Reaktionen?
«Wir haben vor allem am Anfang gute Freunde und Gäste «Noix gras» als neues Gericht testen lassen. Sie sind begeistert gewesen und davon ausgegangen, dass sie Foie gras essen. Als die Auflösung kam, konnten sie kaum glauben, dass es sich um ein vegetarisches Produkt handelt.»

Nun befinden wir uns kurz vor der Abstimmung im Ständerat, der sich zu einem Importverbot für tierquälerisch erzeugte Stopfleber äussern soll. Die Kommission, die das Geschäft vorberät, lehnte ein Importverbot ab, u.a. mit der Begründung, dass keine gleichwertigen Alternativen existieren. Was meinen Sie dazu? 
«Es gibt sehr wohl eine Alternative. Wahrscheinlich haben diejenigen, die das bezweifeln, «Noix gras» noch nicht probiert (schmunzelt). Es gibt inzwischen aber auch noch einige andere Alternativen von namhaften Herstellern.»

Foie gras wird oft in der gehobenen Gastronomie als Luxus- und Festtagsprodukt gehandelt. Wie erleben Sie die Stimmung innerhalb der Gastronomie in Bezug auf solche Produkte?
«Nach wie vor gibt es viele Betriebe, bei denen es dazugehört, solche Produkte anzubieten. Gerade an Festtagen sind Foie gras, Kaviar usw. ein fester Bestandteil. Ich sehe aber auch vermehrt Gastronomen, die umdenken und diese Produkte nicht mehr auf die Karte nehmen wollen. Die sich explizit dagegen aussprechen oder auch auf der Suche nach Alternativen sind. Generell verzeichnen vegetarische Speisen eine steigende Nachfrage, Kunden möchten die Aspekte Nachhaltigkeit und Tierschutz vermehrt berücksichtigen. Dadurch, dass die Kunden dies fordern, ziehen die Gastronomen automatisch nach und passen ihr Angebot entsprechend an.»

Haben Sie eine Veränderung in den letzten Jahren bemerkt, in Bezug auf die Haltung gegenüber Foie gras Alternativen?
«Absolut, es ist gesellschaftlich akzeptierter geworden. Ganz am Anfang fanden das viele Leute toll, es wurde positiv aufgenommen. Aber vor allem in der Gastronomie war die Einstellung eher skeptisch: «Jetzt gibt es noch Tofu Foie gras, was ist denn das?» Es wurde teilweise gespottet darüber, das könne ja nichts Sinnvolles sein.»

Nur bei Gastronomen oder generell?
«Das war in der Gastronomie. Bei Privatkunden, wenn wir beispielsweise auf Märkten oder im Globus Degustationen durchgeführt hatten, gab es vereinzelt auch solche Reaktionen. Schon vor dem Probieren war da teilweise eine gewisse Skepsis spürbar. Wir haben dann einige einfach gefragt, ob sie «Noix gras» probieren wollen. Nachdem sie es verkostet hatten, haben wir ihnen mitgeteilt, dass es sich hier um eine vegetarische Version einer Foie gras-Terrine handelte. Weil der Name «Noix gras» und Foie gras sehr ähnlich sind, haben das viele zu Beginn einfach überhört. Und manche Tester meinten nach dem Degustieren, dass sie vegetarisch nicht mögen, obwohl sie es beim Verkosten eigentlich als gut befunden hatten. Aber ansonsten ist die Haltung durchweg positiv, die Nachfrage steigt und es wird immer mehr akzeptiert.»

Wo sehen Sie die Zukunft der Spitzengastronomie in Bezug auf tierquälerisch erzeugte Luxusprodukte wie Foie gras oder Froschschenkel?
«Allgemein ist die Branche schon seit einiger Zeit im Wandel. Früher war ein Gourmet-Restaurant ganz klassisch, es musste weisse Tischtücher haben, Silberbesteck und einen förmlichen Sommelier. Das waren die klassischen Vorgaben. Auch Luxusprodukte wie Foie gras, Kaviar, Froschschenkel - zumindest eine Zeitlang -, mussten dort standardmässig auf der Menükarte zu finden sein. Das ist heutzutage nicht mehr der Fall. Viele Sterneköche entwickeln ihre Konzepte weiter und fokussieren vermehrt auf regionale und nachhaltige Produkte: Produkte, zu denen man eine Geschichte erzählen kann und bei denen man auch den produzierenden Bauern kennt, um so die normale Küche ein bisschen aufzuwerten. Das ist auch die Aufgabe der Sterneköche, diese Verantwortung wahrzunehmen und ein gutes Vorbild zu sein für die anderen. Und wenn das bei den Sterneköchen akzeptiert wird, dann wird das eben auch automatisch vom Rest der Gastronomie übernommen.»

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