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Interview mit der Stiftung TierRettungsDienst zum thema welpenhandel

Christine Keller von der Stiftung TierRettungsDienst im Gespräch mit VIER PFOTEN

11.2.2022

Im Interview mit VIER PFOTEN spricht Frau Christine Keller über ihre Berührungspunkte mit dem illegalen Welpenhandel und über mögliche Probleme. Zudem gibt sie hilfreiche Tipps für Menschen, die sich einen Welpen anschaffen möchten.

VIER PFOTEN: Der illegale Welpenhandel mit oftmals kranken Tieren sorgt für grosses Leid. Was sind Ihre Berührungspunkte und welcher Fall ging Ihnen besonders ans Herz? 

Christine Keller: Schon öfters haben Welpen aus dem illegalen Handel in unserem Tierheim Pfötli ein vorübergehendes Zuhause gefunden. Entweder mussten die Welpen auf behördliche Anordnung hin in Quarantäne oder sie wurden bei uns abgegeben, weil beispielsweise die tierärztlichen Behandlungskosten der kranken Tiere für die Halter zu hoch waren.

Es gibt keinen bestimmten Fall, der mir besonders ans Herz ging. Mit anzusehen wie diese Tiere oft leiden müssen, ist immer traurig und tragisch. Der illegale Handel mit Welpen und auch mit allen anderen Tieren verursacht Tierleid, das definitiv nicht sein müsste. 

Wann sind Sie das erste Mal mit dem illegalen Welpenhandel in Berührung gekommen? Was hat sich seither verändert? 

Für mich gibt es den illegalen Welpenhandel schon immer. Ich arbeite nun bereits seit 19 Jahren bei der Stiftung TierRettungsDienst und dieses Thema hat mich seit Anfang an begleitet. Leider hat der illegale Welpenhandel über die Jahre massiv zugenommen und sich auch stark professionalisiert. Heute verdienen viele Menschen viel Geld damit. 

Nehmen Sie Tiere aus dem illegalen Welpenhandel bei sich auf, beispielsweise solche, die in Quarantäne müssen?  

Unsere Stiftung setzt sich für Tiere in Not ein, weshalb wir natürlich auch Tiere aus dem illegalen Welpenhandel bei uns aufnehmen, wenn sie sich in einer Notlage befinden. Jede Quarantäne muss aber von den Behörden genehmigt werden. Zudem haben wir mit unseren 12 Hundeboxen ein beschränktes Platzangebot und die Betreuung dieser Quarantänehunde ist sehr zeitintensiv.

Mit welchen Belastungen haben die kranken Welpen zu kämpfen und was für Besonderheiten gilt es bei der Haltung dieser Tiere im Tierheim zu beachten? 

Nebst zahlreichen gesundheitlichen Einschränkungen, infektiösen und parasitären Erkrankungen ist das grosse Problem, dass sie oft auf sozialer Ebene «krank» sind. Die schlecht sozialisierten Welpen starten so bereits mit einem wackligen Fundament in ihr Leben und haben grössere Mühe, zu selbstsicheren und ausgeglichenen Hunden heranzuwachsen. Obwohl wir auf anspruchsvolle Hunde spezialisiert sind, gibt es kein Schema F das wir bei der Betreuung solcher Tiere in unserem Tierheim Pfötli anwenden können. Eine grosse Rolle spielt ihr Alter und wo sie zu diesem Zeitpunkt im Sozialisierungsprozess stehen. Danach entscheiden wir, wo die Schwerpunkte für die restliche Sozialisierungszeit in unserer Obhut gesetzt werden.

In einigen Kantonen werden illegal importierte Welpen rigoros euthanisiert, wenn der Besitzer nicht bereit ist, die Quarantäne- oder Rückführungskosten zu übernehmen. Wie stehen Sie dazu? 

Jedes Leben, das dem illegalen Welpenhandel zum Opfer fällt, ist ein Leben zu viel. Bei Tollwut sprechen wir aber von einer gefährlichen Krankheit für Tier und Mensch, die wir auf keinen Fall in die Schweiz einschleppen wollen. Mit dem professionalisierten illegalen Import ist die Gefahr jedoch wieder akut geworden. Deshalb gibt es beim Import von Tieren in die Schweiz strenge gesetzliche Vorgaben die eingehalten werden müssen und für deren Umsetzung die Behörden zuständig sind. Wenn immer möglich, sollen die Tiere durch eine Quarantäne begleitet werden. Wir konnten auch feststellen, dass sich die Welpen mit viel Fachkompetenz und Zeit in Quarantäne gut entwickeln können. Diese Entscheidungskompetenz liegt jedoch bei den zuständigen Veterinärämtern. 

Kümmern Sie sich auch um die Vermittlung dieser Tiere und wie arbeiten Sie mit anderen involvierten Stellen wie den kantonalen Veterinärämtern zusammen? 

Es besteht die Möglichkeit, dass die Tiere nach erfolgreicher Quarantäne zurück zu ihren Haltern gehen. In diesem Fall müssen diese die Kosten im Bereich von mehreren Tausend Franken selbst tragen. Wird auf den Welpen verzichtet, kümmern wir uns anschliessend um die Vermittlung. Je nach Vorgeschichte des Hundes kann es sehr anspruchsvoll sein, ein passendes Zuhause zu finden.

Wir sind mit diversen Stellen im ständigen Austausch zum Thema illegaler Import von Tieren. 

Inwieweit hat die COVID-19 Pandemie Ihren Arbeitsalltag beeinflusst? Wie viele Tiere werden aktuell abgegeben? Wie hat sich die Anzahl Tiere verändert und welche Prognose machen Sie für die Zukunft? 

Wir können in unserem Tierheim keinen Anstieg von Tieren die abgegeben werden, feststellen. Da bei uns aber die meisten Tiere über die Tierrettung gebracht werden, sind wir auch kein klassisches Abgabetierheim. Unsere Kompetenzen liegen hauptsächlich bei den verletzten und halterlosen Tieren. Jedoch leistet unser Tierrettungsdienst seit einiger Zeit mehr Einsätze für entlaufene erwachsene Hunde aus dem Auslandtierschutz. Oft wurden diese Hunde nicht ideal vermittelt und Hund und Halter sind mit der Situation überfordert. Auch bei diesen Fällen haben wir mit viel Tierleid zu tun.    

Frau mit Hund

Hierbei handelt es sich um die Hündin Alfa, die über sechs Jahre in einem Tierheim in Rumänien gelebt hat. Sie wurde dann in die Schweiz importiert und vermittelt. Als die Hündin kurze Zeit nach dem Einzug in ihr neues Zuhause den Haltern entlief, wurde der Tierrettungsdienst aufgeboten, um die Hündin einzufangen. Schlussendlich kam sie dann ins Tierheim Pfötli als Verzichttier. Alfa hat viele Defizite, aber das Tierheim versucht mit regelmässigem Training laufend ihr Vertrauen gegenüber Menschen wieder aufzubauen. 

Haben Sie konkrete Tipps für Menschen, die sich einen Welpen anschaffen wollen? 

Das Wichtigste ist, dass man den Welpen zuerst in seiner gewohnten Umgebung kennenlernt. Ein erstes Aufeinandertreffen von Hund und Mensch kann schon so viel zeigen. Eine Übergabe auf einem Parkplatz direkt durch den Transporteur ist sicher nie im Sinne des Tieres. Jede Person, die sich einen Hund anschaffen will, soll sich zudem fachliche Unterstützung holen. Das können beispielsweise Hundetrainer oder Verhaltensspezialisten sein. So wird das Risiko, dass ein unpassendes Hund-Halter-Team entsteht, auf ein Minimum reduziert.

Man hört immer wieder, dass die hohen Anforderungen an potenzielle Adoptanten in Tierheimen kaum zu erfüllen seien – wie stehen Sie dazu?  

Je anspruchsvoller ein Hund, oder ein Tier im Allgemeinen, ist, desto höher sind auch die Anforderungen an die potenziellen zukünftigen Halter. Genau dadurch zeichnet sich ein professioneller Vermittlungsprozess aus. Dieser soll immer individuell auf das Tier und die potenziellen Adoptanten angepasst sein. Ansonsten besteht die Gefahr, dass das Tier früher oder später wieder im Tierheim landet und das möchten wir auf alle Fälle verhindern.

Vielen Dank an Frau Keller für das ausführliche Interview und die Einblicke in ihren Alltag. 

 

Christine Keller

Christine Keller arbeitet bereits seit 19 Jahren bei der Stiftung TierRettungsDienst. Sie ist sowohl intern als auch extern die erste Anlaufstelle für alle Fragen rund um Tierschutz und Ethik.

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