Das Leiden der KaschmirZiegen
Tierqual für Luxusartikel
Kaschmir ist das ultrafeine, weiche Unterhaar der Kaschmirziege, das zur Herstellung des luxuriösen Bekleidungsmaterials verwendet wird. Die Faser ist noch feiner als die Merinowolle und eignet sich daher ideal für hochwertige weiche Stoffe wie Pullover und Schals.
Über Kaschmir
Kaschmirziegen stammen ursprünglich aus Kashmir (indisch-pakistanische Grenze im westlichen Himalaya). Allerdings gibt es keine eigentliche spezifische "Kaschmirziegen"-Rasse. Die meisten Ziegen produzieren das weiche Unterfell, aber für die Kaschmirproduktion werden nur die Rassen verwendet, die sehr lange Wolle produzieren.
Die Kaschmirwolle wird durch Scheren oder Kämmen gewonnen, wobei letzteres die traditionelle, wenn auch arbeitsintensivere Methode ist. Die Unterwolle muss vom Deckhaar getrennt werden und durch das Kämmen der Ziegen, anstatt sie zu scheren, ist es möglich, ein sehr hochwertiges Produkt zu erzeugen1. Damit die Faser als Kaschmir definiert werden kann, gibt es spezielle Kriterien, die von Land zu Land im Detail variieren. Die Faser sollte feiner als 19,5 µ und länger als 3,2 cm sein. Obwohl also viele Ziegen die Unterwolle haben, kann nicht jede Ziegenunterwolle als Kaschmir klassifiziert werden.
Wo wird Kaschmir produziert?
- Die feinste und auch teuerste Kaschmirwolle wird in China produziert. Hier werden mehr als 65% der gesamten Kaschmirwolle hergestellt. Wenn man die Produktionen aus der Mongolei und Tibet hinzuzählt, kommt man sogar auf über 90% der weltweiten Kaschmirproduktion. Kleinere Mengen werden auch in Afghanistan, Iran, Australien und Neuseeland produziert2, 3. Die Herstellung ist in den letzten Jahren, aufgrund der strengen Winter, um 10% gesunken. Ausserdem versucht China den Ziegenbestand zu kontrollieren, weil die Überweidung zur Wüstenbildung führt.
- Vor allem in China und der Mongolei wird das Kaschmir im Frühjahr auf traditionelle Weise geerntet, wenn sich die Ziegen mausern. Hierfür werden sie gekämmt oder die gemauserten Fasern werden vom Boden und den nahegelegenen Büschen gesammelt. In anderen Ländern, wie dem Iran und Australien, werden die Tiere normalerweise nur geschoren2.
Was sind Tierschutzprobleme bei Kaschmirziegen?
Jährlich werden etwa 20.000 Tonnen Kaschmir produziert und über hundert Millionen Kaschmirziegen leiden sehr unter dieser Industrie. Schmerzhafte Schur, eine negative oder nicht vorhandene Mensch-Tier-Beziehung, Überweidung und vernachlässigte Grundbedürfnisse der Tiere sind nur einige Probleme, die mit der Nutzung von Kaschmir einhergehen.
VIER PFOTEN fordert...
Verbot von schmerzhaften Scherverfahren
Ziegen sind natürliche Beutetiere, die einen ausgeprägten Fluchtinstinkt haben. So werden sie beim Scheren oder Kämmen über einen langen Zeitraum festgehalten und sehr grob behandelt. Die Tiere sind menschlichen Kontakt nicht gewöhnt und haben meistens bisher nur negative Interaktionen erlebt - einschliesslich Angst, Verzweiflung und Leiden. Das Scheren bzw. Kämmen der Tiere setzt sie einem grossen psychischen Stress aus und kann ihnen sogar körperliche Schmerzen zufügen.
Die Arbeiter stehen unter Zeitdruck und arbeiten schnell und unachtsam, ohne den Tieren, die bei der überhasteten Schur unweigerlich verletzt werden, eine Schmerzlinderung zukommen zu lassen. Je nach Wetterlage können die Tiere sogar an der Kälte sterben, da sie nach dem Scheren bzw. Kämmen keine Fettschicht oder Wolle haben, die sie vor Kälte und Regen schützt4.
Verbesserungen der Mensch-Tier-Beziehung
Die Ziegen dürfen nicht vernachlässigt werden und so nur negative Erfahrungen mit Menschen machen.
- Vernachlässigung: Da Ziegen sehr zähe Tiere sind, die unter verschiedensten rauen Umweltbedingungen überleben, besteht (möglicherweise) die Einstellung, dass diese Tiere mit einem geringen Managementaufwand gehalten werden können. Dies führt zu Vernachlässigung und Problemen mit Parasitenbefall und fehlender tierärztlicher/gesundheitlicher Versorgung bei akuten Verletzungen, Krankheiten oder Kalbungsschwierigkeiten. Die Vernachlässigung der Tiere verschlimmert auch die ohnehin schon harten Winterbedingungen, da sie auf sich allein gestellt sind und mit knappen Futter- und Wasserquellen kämpfen müssen.
- Schlechte Mensch-Tier-Beziehung: Neben der Vernachlässigung wird keine positive Mensch-Tier-Beziehung aufgebaut, was zu einer grossen Scheu gegenüber dem Menschen führt und dessen Handhabung beim Kämmen oder Scheren die sehr stressigen Situationen für die Tiere noch verschlimmert. Die Tiere erleben nur meist negative Interaktionen mit dem Menschen, und sie werden von den Hirten und Bauern wahrscheinlich nicht einmal als fühlende Wesen gesehen, sondern nur als Einkommensquelle.
Eindämmung des Überweidungsproblems
- Im Gegensatz zu Schafen und anderen Weidetieren graben Ziegen die Wurzeln aus und fressen sie zusammen mit den Blüten und Samen, die beide für das weitere Wachstum der Pflanzen in der Steppe benötigt werden. Dies führt zu vielen Umwelt- (Wüstenbildung, Bodenerosion, höhere Temperaturen) und Naturschutzproblemen (Wildtiere wie Schneeleoparden und Gazellen sind nicht für ein Leben in der Wüste geeignet5) sowie zu Problemen, die die Tiere selbst betreffen. Da die Tiere mehr Pflanzen fressen als auf natürliche Weise nachwachsen können, müssen die Hirten den Futtermangel durch den Zukauf von Futter kompensieren. Das ist keine angemessene Ernährung für die Tiere, da die als Teil ihres natürlichen Verhaltens nach ihrer Nahrung suchen müssen.
Aufgrund steigender Temperaturen produzieren die Ziegen eine weniger hochwertige Wolle, weil sie nicht mehr so viel Unterwolle benötigen um sich im Winter warm zu halten6. All dies verursacht finanzielle Probleme für die Bauern, die im Gegenzug ihre Herdenzahl erhöhen, was zu einem noch grösseren Überweidungsproblem führt. Aber nicht alle Bauern und Hirten kompensieren den Mangel an Weidematerial mit Futter, und das führt dazu, dass die Tiere sehr schlecht ernährt werden, was zu einer hohen Sterblichkeitsrate führt. Die Wüstenbildung bedeutet auch, dass weniger Wasserquellen für die Tiere zur Verfügung stehen.
Höhere Standards bei Tiertransporten
Bei Langstreckentransporten leiden die Tieren unter vielen verschiedenen Missständen, wie z.B. Dehydrierung aufgrund mangelnder Wasserversorgung, Krankheiten, ungeeigneter Einstreu, Platzmangel und Verletzungen der Tiere durch grobe Behandlung.
Höhere Standards bei der Schlachtung
Die natürliche Lebenserwartung einer Ziege beträgt zehn Jahre, aber die meisten Ziegen in der Kaschmirindustrie werden bereits früher getötet. Sobald sie keine qualitativ hochwertige Wolle mehr produzieren, gelten sie als "unprofitabel". Dies kann auch bei jungen Tieren der Fall sein. Die Tiere werden dann oft ohne vorherige Betäubung geschlachtet.
Verbot von schmerzhaften Verstümmelungen
So wie viele andere Nutztiere, wird auch die Kaschmirziege schmerzhaften Verstümmelungen ausgesetzt. Wenn auch nicht sehr oft, da die Bauern Verwendung für die Hörner finden, werden sie dennoch gelegentlich enthornt. Dies wird in der Regel ohne jegliche Schmerzlinderung durchgeführt. Erfahren Sie hier mehr über die Verstümmelung von Nutzziegen hier.
Wir brauchen mehr Mitgefühl in der Mode!
Um eine nachhaltigere und tierfreundlichere Wahl zu treffen, könnten Sie zum Beispiel Kleidung aus zweiter Hand oder in Wohltätigkeitsläden kaufen. Wenn Sie brandneue Kleidung kaufen, wählen Sie nachhaltige alternative Textilien. Lesen Sie mehr in unserem Einkaufsratgeber für tierfreundliche Mode.
Quellenverweis
(2) Cashmere.org | http://www.fao.org/3/i1283e/i1283e01.pdf
(3) BrandonGaille Cashmere Industry Statistics | https://brandongaille.com/17-cashmere-industry-statistics-and-trends/
(4) University of California | http://sfp.ucdavis.edu/pubs/brochures/Cashmeregoats/
(5) Science | https://www.sciencemag.org/news/2019/01/exploding-demand-cashmere-wool-ruining-mongolia-s-grasslands
(6) BBC News | https://www.bbc.com/news/business-51315490