Tiertransporte in Deutschland
Das Leid auf deutschen Strassen: Alarmierende Zahlen und Fakten zu Tiertransporten
Pro Tag werden Millionen Tiere in tausenden Lkw auf deutschen Strassen transportiert. Nur ein Bruchteil der Transporte, nämlich ein Prozent, wird auf der Strasse kontrolliert. Tierschutzverstösse während der Transporte, wie zum Beispiel mangelnde Wasser- und Futterversorgung oder Überbelegung während der quasi unbegrenzt langen Transporte, werden so gut wie nie geahndet. Zudem werden viele Tiere an verschiedenen Orten gezüchtet, aufgezogen und geschlachtet. Das führt dazu, dass Tiere, wenn sie zur Schlachtung gelangen, oft mehrmals über lange Strecken transportiert wurden.
Wir haben die alarmierenden Zahlen zu Tiertransporten in Deutschland in verschiedenen Infografiken aufbereitet.
Forderung nach Ende der Lebendtierexporte in Drittstaaten
Von Deutschland ausgehend werden ausserdem Tiere auf Langzeittransporte geschickt, um exportiert zu werden. Dies betrifft zu einem grossen Teil Rinder, die als Zuchttiere deklariert 6.000 Kilometer und weiter transportiert werden. Tage- bis Wochenlang stehen sie auf den Lkw bei grosser Hitze oder Kälte. Häufige Ziele dabei sind die Türkei, Nordafrika, der Nahe Osten und die Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion, in denen es keine Tierschutzstandards gibt, die mit denen der EU vergleichbar sind.
Eng zusammengepfercht leiden die Tiere enorme Hitze oder Kälte, Durst, Stress und Angst. Viele der Rinder sind trächtig. Der Stress führt dazu, dass sie mitunter während des Transports ihr Kalb zur Welt bringen. Andere Tiere verletzen sich, liegen fest, können nicht mehr aufstehen, sodass andere Tiere in der Enge des Transporters auf sie treten. Viele Tiere überleben die langen Fahrten nicht. Diejenigen, die überleben erwartet nach geraumer Zeit ein grausamer Tod unter Bedingungen, die mit EU-Recht nicht vereinbar sind.
Eigentlich ist nach EU-Recht vorgeschrieben, dass die Tiere in bestimmten Intervallen Ruhepausen haben müssen, in denen sie z.B. für 24 Stunden abgeladen, gefüttert und getränkt werden müssen. Es gibt jedoch nicht genügend Versorgungsstationen entlang der Route. Deshalb verbleiben die Tiere auch in den vorgesehene Ruhepausen oftmals auf den Transportern. Ein Tränken und Füttern der Tiere ist auf den Lkw meist nicht möglich. Dies ist ein Verstoss gegen geltendes Recht, der jedoch kaum geahndet wird. Denn im Jahr 2015 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass EU-Tierschutzvorgaben zum Transport auch ausserhalb der EU-Grenzen bis zum Zielort eingehalten werden müssen.
Der Deutsche Bundestag hatte im letzten Jahr die Möglichkeit diese Transporte zu stoppen. Sowohl die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen als auch die FDP wollten in einem Antrag ein Aussetzen aller Tiertransporte in Drittstaaten erwirken. VIER PFOTEN forderte in einem gemeinsamen offenen Brief an den Bundestag mit acht weiteren Verbänden einen sofortigen Stopp der Lebendtiertransporte in Drittstaaten. Doch die grosse Koalition konnte sich nicht einmal zu einem Verbot der Schlachttierexporte durchringen. Ein Armutszeugnis für die grosse Koalition, die in puncto Tierschutz endlich mal ein Zeichen hätte setzen können.
Viel zu wenig Kontrollen
Deutschland verfügt über mindestens sechszehn einzelstaatliche Abkommen zu Lebendtierexporten in Drittländer. Immer wieder kommt es zu schweren Tierschutzvergehen bei Langstreckentransporten lebender Tiere. Daran ändern auch bestehende Gesetze zum Schutz von Nutztieren beim Transport nichts. In der EU werden Kontrollen nur stichprobenartig durchgeführt – in Deutschland werden weniger als ein Prozent der Tiertransporte kontrolliert.
Das Bündnis für Tierschutzpolitik, dem VIER PFOTEN und andere Tierschutzorganisationen angehören, fordert von der Bundesregierung zudem, einzelstaatliche Abkommen zu Exporten lebender Tiere in Länder ausserhalb der EU aufzulösen und die damit verbundenen Höllenfahrten zu stoppen. Dieses Ziel muss auch in der nationalen Nutztierstrategie verankert werden.
Das Bündnis für Tierschutzpolitik unterstützt die wertvolle Aufklärungsarbeit von Animal Welfare Foundation (AWF), Animals’ Angels, Eyes on Animals und Animals International, die immer wieder grobe Missstände bei Lebendtiertransporten aufdecken.
Das ausführliche Positionspapier «Lebendtierexporte in Drittländer stoppen» des Bündnisses für Tierschutzpolitik können Sie hier als PDF herunterladen.
2019 kam Schwung in die politische Entwicklung in der Thematik rund um Lebendtiertransporte in Drittstaaten. Hier finden Sie die wichtigsten Informationen zusammengefasst in unserer Chronik.
VIER PFOTEN fordert
- Ein bundesweites Verbot von Langstreckentransporten lebender Tiere in Länder ausserhalb der EU.
- Die Auflösung aller bestehender Abkommen zum Export lebender Tiere in Drittländer
- eine Begrenzung der Transportdauer lebender Tiere auf maximal 8 Stunden
- Schlachtung von Tieren am nächstgelegenen, geeigneten Schlachthof
- Verbot von Transporten nicht abgesetzter Jungtiere
- Ein klares Verbot von Abfertigungen bei zu erwartenden Aussentemperaturen über 30°C sowie bei Kälte
- Mehr unangekündigte Kontrollen und schärfere Sanktionen bei Verstössen
- Transport von Fleisch anstelle von Schlachttieren
- Umsetzung von Alternativen zum Zuchttiertransport, wie etwa Samen-Transfer
- Überarbeitung der EU-Tiertransportverordnung (insbesondere zu Transportzeiten, Platzangebot und Temperaturen)