Alternativen zum kastenstand
Welche tiergerechteren Methoden zur Abferkelung gibt es?
Die Industrie rechtfertigt den Kastenstand bei Schweinen mit zu befürchtenden Ferkelverlusten: Wenn sich die Sau hinlege, könne sie die Ferkel erdrücken. Doch diese Gefahr entsteht erst durch die Zucht der Sauen, die immer grösser wurden – und durch den extremen Platzmangel: In der Kastenhaltung kann sich die Sau nicht langsam ablegen, sondern muss sich fallen lassen.
Häufig haben Sauen auch Probleme mit den Füssen und Lahmheiten, was beides zu einer höheren Instabilität führt. Ausserdem sind sie sozial von anderen Sauen isoliert, können sich nie bequem ausruhen oder den Ferkeln entkommen, was sie psychisch belastet. Unter natürlichen Bedingungen würden sie die Ferkel nur einige Minuten pro Stunde säugen und den Rest ihrer Zeit mit der Nahrungssuche und dem Kontakt zu anderen Tieren verbringen. Dies ist in einer Abferkelbox nicht möglich.
Unter guten Haltungsbedingungen in alternativen Systemen hingegen, mit mehr Platz und Einstreu, kann sich die Muttersau langsam ablegen. Ausserdem gibt es Schutzvorrichtungen, «Ferkelabweiser» genannt, die an der Wand angebracht werden und den Ferkeln einen Unterschlupf bieten. Wie wissenschaftliche Studien erwiesen haben, sind die Ferkelverluste in diesen Systemen nicht höher als in der Kastenstandhaltung. Untersuchungen, die alternative Abferkelsysteme mit Kastenständen verglichen, kamen ausserdem zu folgendem Ergebnis: In Kastenständen werden mehr Ferkel totgeboren, und die Überlebenden entwickeln sich schlechter als in alternativen Abferkelsystemen.
Situation in der Schweiz
Die Kastenstandhaltung ist in der Schweiz schon seit längerem verboten. Im Jahr 1977 wurde ein Verbot von Kastenständen beschlossen und im Jahr 2007 waren die Übergangsfristen abgelaufen.
Kastenstände für Sauen dürfen nur während der Deckzeit und höchstens während zehn Tagen verwendet werden.
Tiergerechte und zweckmässige Abferkelsysteme
Es gibt zwei alternative Abferkelungssysteme, die praktikabel und dabei tierfreundlicher sind als die Kastenstände: Die sogenannte Gruppenabferkelung und die zeitlich begrenzte Einzelabferkelung in Bewegungsbuchten.
In der Gruppenabferkelung bleiben die Sauen auch während der Geburt in der Gruppe. Zum Rückzug stehen für die Tiere «Wurfkojen» mit Ferkelnestern zur Verfügung. Diese Kojen können von den Sauen jederzeit verlassen und betreten werden. Um eine ungestörte Prägung auf das Muttertier zu ermöglichen, können die Ferkel das Nest erst nach zehn bis 14 Tagen verlassen. Dies gewährleistet, dass die Ferkel danach in der Gruppe ihre Mutter wieder finden. Streitereien zwischen wurffremden Ferkeln am Gesäuge werden verhindert.
Bei der zeitlich begrenzten Einzelabferkelung wird die Sau nur für kurze Zeit von der Gruppe getrennt. Die Geburt findet in einer Bewegungsbucht statt, in der Sau und Ferkel natürliche Verhaltensweisen ausüben können, die dem Erdrücken der Ferkel vorbeugen. Zum Beispiel gibt die Sau ihren Jungen über Rüsselkontakt zu verstehen, dass sie sich hinlegen will. Die Ferkel haben genügend Platz zum Ausweichen. Ausserdem kommen Schutzvorrichtungen gegen das Erdrücken der Ferkel zum Einsatz. Nach zehn Tagen Prägungsphase können die Tiere zurück in die Gruppe.
Beide Optionen sind tierfreundlich und führen nicht zu einer höheren Ferkelsterblichkeit. VIER PFOTEN setzt sich aktiv für die Abschaffung des Kastenstands ein. Die Situation bewegt sich langsam in die richtige Richtung, da die Verbraucher eine tiergerechtere Produktion ihrer Produkte fordern.
VIER PFOTEN FORDERT...
... das Ende der grausamen Praktiken
Der Kastenstand verursacht Angst, Schmerz und Stress, wodurch das Immunsystem geschwächt und die Gehirnfunktion sowie das natürliche Verhalten der Tiere verändert werden. Deshalb fordert VIER PFOTEN:
- Generelles Verbot der Haltung von Sauen in Kastenständen, in allen Ländern. Es gibt viele tierfreundliche Alternativen dazu, und das System sollte an das Tier angepasst werden und nicht andersherum!
- Freie Abferkelsysteme (mit Schutz vor Ferkelquetschungen), in denen die Sau ein Nest bauen, sich bewegen und umdrehen sowie mit ihren Ferkeln und Artgenossen sozialisieren kann.
- Begrenzung der individuellen Fixierung auf ein absolutes Minimum (stundenweise), z.B. nur für Behandlungszwecke und tierärztliche Eingriffe.
- Hochintensive Kraftfutterfütterung muss vermieden werden
- Vollspaltenböden sollten nicht erlaubt sein.
- Verbot der Zucht auf extreme Leistung (z.B. auf mehr Zitzen pro Sau) - das Wohlbefinden der Tiere muss im Vordergrund stehen und die durchschnittliche Anzahl der Ferkel pro Wurf darf die Anzahl der Zitzen nicht übersteigen.
… die Erfüllung der Grundbedürfnisse
Wenn sie vernachlässigt werden, führt dies zu akuten Schmerzen, Ängsten und einem langfristig schlechtem Gesundheitszustand. Grundbedürfnisse von Schweinen sind:
- Schweine sind eine soziale Spezies und müssen in stabilen und angemessenen Gruppen gehalten werden - die Gruppenhaltung von Sauen und das Abferkeln in Gruppen sollte ein Standardverfahren sein. Wenn Gruppenabferkelung aus Managementgründen nicht möglich ist, sollte eine zeitlich begrenzte Einzelabferkelung in Bewegungsbuchten (max. 10 Tage) mit Schutzvorrichtungen (Ferkelabweiser), um das Zerdrücken der Ferkel zu verhindern, angedacht werden. Danach sollte eine Gruppenzusammenführung erfolgen, da diese sonst sehr gesundheitsschädlich sein kann.
- In den Tagen vor der Geburt sollte im Abferkelbereich stets Stroh als Nistmaterial zur Verfügung stehen.
- Schweine haben eine starke Motivation zur Futtersuche, die im Idealfall den grössten Teil ihres Zeitbudgets am Tag in Anspruch nimmt. Das Wühlen ist einer der auffälligsten und wichtigsten Teile des Futtersuchverhaltens, und wenn es nicht erfüllt werden kann, führt dies zu vielen verschiedenen Gesundheitsproblemen (z. B. Stereotypien).
- Eine schweinetaugliche Ernährung (mit hohem Faser- und Futteranteil) ist nicht nur für die Erhaltung der körperlichen Gesundheit der Tiere wichtig (sie beugt den heutzutage häufigen Magengeschwüren vor), sondern gibt ihnen auch die Möglichkeit, ihr natürliches Wühlverhalten auszuleben.
- Ein ausreichender Liegeplatz mit trockener und weicher Einstreu ist von entscheidender Bedeutung - harte Oberflächen führen bei den Sauen zu Schulterschmerzen (weil ihr Gewicht Druck auf die Schultern und die Wirbelsäule ausübt) und bei den Ferkeln zu offenen Wunden an den Gelenken (weil sie sich zum Säugen ständig hinknien).
- Angemessener weicher Bodenbelag - die Klauen von Schweinen sind an weiche und sumpfige Böden angepasst - harte Böden verursachen Fussprobleme, Lahmheiten und Schleimbeutelentzündungen.
- Der Zugang zum Aussenbereich sollte leicht zugänglich sein, damit die Tiere die Möglichkeit haben, die Aussenwelt zu erleben und ihr Leben zu bereichern - die Tiere langweilen sich weniger und haben ihren Alltag besser im Griff.
- Der Unterschlupf sollte Schutz vor extremen Witterungsbedingungen bieten, eine gute Luftqualität aufweisen und über leicht zugängliches Wasser- und Futterquellen verfügen.
- Die Tiere sollten bei guter Gesundheit gehalten werden und bei Bedarf tierärztlich versorgt werden.