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Kuh auf der Wiese stupst ihr Kalb mit der Nase an

Mutter- und Ammengebundene Kälberaufzucht

Kälber dürfen bei ihren Müttern oder Ammen aufwachsen

4.6.2025

Nur eine Kuh, die kalbt, gibt Milch 
In der Schweiz leben etwa eine halbe Million Milchkühe. Milchkühe geben aber nicht «einfach so» Milch. Die Milch ist eigentlich zur Ernährung ihres Kalbes gedacht – es ist Muttermilch. Nur wenn die Kuh ein Kalb zur Welt gebracht hat, produziert sie auch Milch. Somit gebären Milchkühe jedes Jahr ein Kalb. Weil wir Menschen jedoch die gesamte Milch nutzen wollen, werden Kuh und Kalb meistens kurz nach der Geburt voneinander getrennt und die Kälber verbringen ihre ersten Wochen alleine in den sogenannten Kälberiglus. Kontakt zu Artgenossen gibt es oftmals nur durch Gitterstäbe und sie erhalten die Milch oder oft gar nur Milchersatz aus Nuckeleimern oder Tränkeautomaten. Darunter leiden sowohl die Kälber als auch ihre Mütter sehr, denn Kühe möchten ihre Kälber umsorgen und die Kälber brauchen ihre Mütter, da sie gänzlich ohne eigenes Immunsystem geboren werden.

Die natürliche Beziehung ausleben
Es gibt eine Alternative: die mutter- und/ oder ammengebundene Kälberaufzucht. Dabei wird den Kälbern ermöglicht, mehrere Monate bei ihrer Mutter oder einer Amme zu bleiben und am Euter zu trinken. Insbesondere bei der muttergebundenen Kälberaufzucht können Kuh und Kalb so ihre natürliche Beziehung ausleben. Durch die Aufnahme von Muttermilch erhält das Kalb wichtige, auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittene Nährstoffe, um sich gesund zu entwickeln. Aus Tierschutzsicht ist eine solche Produktionsweise eine bedeutende Verbesserung des Tierwohls für Kuh und Kalb. Zudem zeigen Forschungsergebnisse, dass die mutter- und ammengebundene Kälberaufzucht positive Effekte auf die Tiergesundheit hat, wozu ein geringerer Antibiotikaverbrauch zählt.

Organisationen erstellen Gutachten mit klaren Definitionen 
Trotz dieser Vorteile gibt es noch immer keine klare rechtliche Definition der mutter- oder ammengebundenen Kälberaufzucht. Das führt zu Unsicherheiten für Betriebe und Irreführung bei Konsumierenden. Zwar reagiert der Detailhandel zunehmend auf das wachsende Interesse der Kundschaft an tierfreundlicherer Milchproduktion, jedoch wird der Begriff «mutter- oder ammengebundene Aufzucht» teils auch für Systeme verwendet, die nicht den Erwartungen der Konsumierenden entsprechen und über das tatsächliche Tierwohl hinwegtäuschen. So gibt es beispielsweise Systeme, in denen Kuh und Kalb nur kurz zusammenbleiben dürfen und/oder zu einem besonders ungünstigen Zeitpunkt voneinander getrennt werden. Dies erhöht das Tierleid und trägt zudem zu einem höheren Antibiotikaverbrauch bei. 

Die Stiftung für das Tier im Recht (TIR), der Verein Cowpassion, die Fachstelle MuKa und VIER PFOTEN setzen sich deshalb für die Einführung klarer Standards mit Mindestkriterien in der mutter- und ammengebundenen Kälberaufzucht ein. Ziel ist es, eine verantwortungsbewusstere Entwicklung der Milchproduktion zu fördern und durch eine gesetzliche Definition dieser Haltungsform echte Tierwohlleistungen von unzureichenden Ansätzen abzugrenzen. Dadurch sollen Tierwohl und Tiergesundheit gefördert werden, mehr Transparenz geschaffen und Wettbewerbsnachteile in der Landwirtschaft vermieden werden, die auf eine artgemässere Haltung setzen. Eine klare gesetzliche Regelung schützt nicht nur diese Betriebe, sondern erleichtert es den Konsumierenden auch, bewusste Kaufentscheidungen zu treffen. 

Um Verwechslungen mit weniger strengen Haltungsformen zu vermeiden, haben die Organisationen ein Gutachten mit klaren Mindestkriterien zur Definition der Standards der mutter- und ammengebundenen Kälberaufzucht erstellt. Zentrale Punkte sind eine Mindestsäugezeit von drei Monaten, uneingeschränkter Kontakt zwischen Kuh und Kalb während dieser Zeit sowie die direkte Milchaufnahme am Euter ohne Zufütterung via Eimer. Die Trennung soll zudem frühestens ab der 13. Lebenswoche erfolgen, wobei sowohl für Kühe als auch für Kälber Rückzugsräume bereitgestellt werden müssen. Die Anzahl der Kälber pro Amme soll klar geregelt werden, um eine optimale Betreuung und Versorgung sicherzustellen und eine Überforderung der Kühe zu vermeiden. Darüber hinaus wird gefordert, dass die Haltung aller auf einem Betrieb geborenen männlichen und weiblichen Kälber diese Standards erfüllt. Dadurch soll mehr Klarheit für Produzierende und Konsumierende geschaffen und das Tierwohl nachhaltig verbessert werden. 

Erst wenige Betriebe in der Schweiz
Von den über 18'000 Milchbetrieben gibt es weniger als 30 bereits bekannte Betriebe, die ihre Kälber bei den Müttern aufwachsen lassen. Man sieht zwar viele Kühe mit ihren Kälbern. Was aber viele nicht wissen ist, dass es sich dabei nicht um Milchkühe, sondern um Rinder in der Fleischmast handelt. Dort hat sich die Mutterkuhhaltung bereits vor einigen Jahren etabliert. VIER PFOTEN hofft nun, dass möglichst bald viele Milchbetriebe auf diese tierfreundlichere Milchproduktion umsteigen. 

Im Merkblatt des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) werden diese Erfahrungen für andere Tierhalterinnen nutzbar gemacht. Die Broschüre vermittelt zahlreiche Ideen für die Organisation der Muttergebundenen Kälberaufzucht und die passende Einrichtung des Stalls.

Käse und Milch aus muttergebundener Kälberaufzucht

Möchten Sie Produkte aus dieser tierfreundlicheren Art der Milchproduktion probieren? Bei Cowpassion können Sie Käse aus muttergebundener Kälberaufzucht bestellen. Ausserdem gibt es eine Karte, die Betriebe und Verkaufsstellen für Milch und Milchprodukte aus muttergebundener Kälberaufzucht aufzeigt!

Tipp: Lesen Sie auch unsere Artikel zum Thema Alternative Milchkuhhaltung und Weideschlachtung!

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