Mastrinderhaltung: Psychische Folgen der intensiven Haltung
Unter natürlicheren Gegebenheiten, zum Beispiel auf der Weide, würden Rinder täglich mehrere Kilometer grasend zurücklegen.
Maststiere in Weidehaltung verbringen bis zu 46 % ihres aktiven Tages mit Grasen1 und dabei in Bewegung. Den Mastrindern in den gängigen Einflächenbuchten ist dies in keinster Weise möglich. Die restriktive Haltung vieler Rinder ist nicht nur mit körperlichen Einschränkungen und seinen Auswirkungen verbunden, sondern hat auch schwerwiegende Folgen für den mentalen Zustand der sensiblen Tiere. Stereotypien wie Zungenschlagen, Zungenrollen, das feste Drücken des Kopfes gegen die Stalleinrichtung oder das zwanghafte Belecken von Buchtenkollegen und Stalleinrichtung treten bei Rindern, die in reizarmen Umgebungen wie den Vollspaltenbodenbuchten gehalten werden, besonders häufig auf2, 3. Durch die ständige Beschäftigungslosigkeit und Monotonie wird ein Grossteil der Tiere schlicht rastlos und wechselt zwischen den wenigen möglichen Verhaltensweisen wie Fressen, wenige Schritte machen, Liegen und etwas belecken in kurzen Abständen hin und her1.
Stereotypien und Unruheverhalten
Unter stereotypem Verhalten wird ein abnormales, sich wiederholendes Verhalten ohne erkennbare Funktion oder Nutzen verstanden4. Diese abnormalen Verhaltensweisen werden in der Nutztierforschung als Hinweise für schlechtes Wohlbefinden angesehen4. Tiere, die in reizarmen Umgebungen gehalten werden, in denen das Ausleben ihrer natürlichen Instinkte und Bedürfnisse verhindert wird, haben ein erhöhtes Risiko Verhaltensstörungen zu entwickeln4. Ausgelöst durch anhaltende Frustration und wiederholte Versuche, sich an etwas anzupassen, was nicht gelingt, helfen Stereotypien als physiologische Schutzmechanismen schlussendlich dabei, Erregungszustände wieder abzubauen und das Risiko für psychosomatische Erkrankungen zu reduzieren4.
Diese abnormalen Verhaltensweisen sind meist Anpassungsversuche und deuten auf ein schlechtes Wohlbefinden aufgrund der Haltungsbedingungen hin, können aber auch auf eine nicht wiederkäuergerechte Fütterung zurückzuführen sein, die zu Erkrankungen des Verdauungstraktes führt4.
Quellenverweis
2. Relic R, Hristov S, Joksimovic-Todorovic M, Davidovic V, Bojkovski J. Behaviour of Cattle as an Indicator of their Health and Welfare. Bulletin of USAMV Series: Veterinary Medicine. 2012;69((1-2)).
3. Schneider L. Investigations on the behavior of fattening cattle in intensive housing systems. Hannover: Tierärztliche Hochschule; 2020. https://elib.tiho-hannover.de/receive/tiho_mods_00001711
4. Radkowska I, Godyń D, Kinga F. Stereotypic behaviour in cattle, pigs and horses - a review. Animal Science Papers and Reports. 2020;Vol. 38(4):303–319.