Mastrinderhaltung: Auswirkungen des geringen Platzes
Ein Mastrind hat in Österreich laut Tierschutzgesetz (1. Tierhaltungsverordnung) mit einem Gewicht ab 650 kg gerade einmal 3 m² zum Leben zur Verfügung.¹
Auf dieser geringen Fläche muss es fressen und wiederkäuen, ausruhen, schlafen, Körperpflege sowie soziale Interaktionen durchführen. Das ist in keinster Weise ausreichend Platz für all diese Verhaltensweisen. Zugang zu einer Weide gibt es vor allem für die klassischen Maststiere auf Vollspaltenboden nie. Ins Freie, zum Beispiel in einen Auslauf, kommen sie ebenfalls nicht.
Die beengten Verhältnisse, in denen die Rinder ihr ganzes Leben verbringen müssen, verursachen Stress bei den Tieren und führen zu aggressiven Auseinandersetzungen2. Die Kombination von Platzmangel und hartem Betonboden verstärkt die negativen Effekte auf die Tiere 3. Die Tiere kommen während der Mastphase in die Pubertät. In dieser Lebensphase kommt es besonders häufig zu Kämpfen und gegenseitigem Aufreiten3, was die Gefahr für Verletzungen durch Ausrutschen, Stürze und Hängenbleiben mit den Klauen in den Spalten erhöht. Den Tieren fehlt der Platz, um einander auszuweichen, was ebenfalls zu vermehrt Stress und Verletzungsgefahr führt4.
Manche Stallsysteme entsprechen einer Käfighaltung
Um zu verhindern, dass sich Maststiere gegenseitig bespringen, wird in manchen Ställen ein sogenannter Aufsprungschutz eingesetzt. Dabei handelt es sich um Metallrohre, die in Abständen von ca. 40 – 60 cm voneinander über den Widerristen bzw. Köpfen der Maststiere über die gesamte Bucht, ähnlich einem Käfig, angebracht sind. Rechnet man das Platzangebot und das Körpergewicht der Tiere in diesen Buchten auf Legehennen um, so entsprechen die Werte denen der Käfighaltung von Legehennen. Das bedeutet Mastrindern steht also genauso wenig Platz zur Verfügung wie Legehennen in Legebatterien5.
Kein Platz für artgemässes Verhalten
Rinder, als Herdentiere, führen viele ihrer Verhaltensweisen, wenn ihnen das möglich ist, synchron, d.h. gemeinsam als Herde aus. Sie fressen zusammen und ruhen zusammen3. In den beengten Verhältnissen kann es dazu kommen, dass, je grösser und schwerer die Tiere werden, sie sich immer seltener niederlegen, weil der Platz, um in einem für die sozialen Tiere angenehmen Abstand neben den Buchtenkollegen zu liegen, schlichtweg fehlt. Rangordnung spielt hier eine grosse Rolle, denn ein rangniederes Tier hält mehr Abstand zu einem ranghöheren Tier, welches auch oft den besten Platz für sich in Anspruch nimmt.
Auf der Weide lässt sich beobachten, dass Rinder unterschiedliche Liegeabstände wählen, je nachdem, in welchem sozialen Verhältnis sie zum Herdenmitglied stehen. Zwei bis drei Meter oder auch mehr sind durchaus üblich, was in den konventionellen Haltungssystemen mit den gängigen Platzvorgaben in keinster Weise möglich ist3. Studien zeigen, je mehr Platz vorhanden ist, desto grösser sind die Distanzen zwischen den Tieren. 6
Quellenverweis
2. Schrader L. Verhalten und Tierhaltung. In: Rinderzucht und Rindfleischerzeugung - Empfehlungen für die Praxis. Völkenrode: Landbauforschung; 2007. p. 89–107.
3. Volkmann N, Stracke J, Rauterberg S, Spindler B, Kemper N. Determination of static space requirements for finishing bulls based on image analysis. Animal Welfare. 2021;30(3):307–314. doi:10.7120/09627286.30.3.007
4. Burgstaller J, Wittek T, Sudhaus-Jörn N, Conrady B. Associations between Animal Welfare Indicators and Animal-Related Factors of Slaughter Cattle in Austria. Animals. 2022;12(5):659. doi:10.3390/ani12050659
5. Winckler C. Intensive Rindermast in Europa und Herausforderungen aus Sicht des Tierwohls - Vortrag auf den BIO AUSTRIA Bauerntagen 2023. 2023.
6. Gygax L, Siegwart R, Wechsler B. Effects of space allowance on the behaviour and cleanliness of finishing bulls kept in pens with fully slatted rubber coated flooring. Applied Animal Behaviour Science. 2007;107(1–2):1–12. doi:10.1016/j.applanim.2006.09.011